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Was die Rule of Forty über deine Tech-Aktien verrät

Wenn du heute in Tech-Aktien investiert bist, schwankst du wahrscheinlich zwischen Euphorie und Nervosität. NVIDIA klettert auf neue Rekorde, KI scheint überall zu sein – und gleichzeitig hörst du ständig die Warnung vor einer neuen Dotcom-Blase.
Ich habe mir in den letzten Wochen mal einige Software- und KI-Unternehmen angesehen. Fazit: Die meisten der großen KI-Gewinner sind heute finanziell völlig anders aufgestellt als die Tech-Firmen um 2000. NVIDIA zum Beispiel erzielt nicht nur Rekord-Umsätze, sondern tut das mit extrem hohen Margen und massiven Cashflows. Das ist kein Luftschloss, das ist ein profitables Geschäft.
Trotzdem gibt es im Tech-Sektor massive Unterschiede. Und genau deshalb möchte ich dir heute eine simple Kennzahl zeigen, mit der du selbst prüfen kannst, ob deine Tech-Aktien gesund sind oder auf wackeligen Beinen stehen: die Rule of Forty.
Das erwartet dich:
• Was die Rule of Forty ist, und warum sie dir mehr verrät als bloße Umsatzzahlen
• Welche deiner Tech-Aktien du beruhigt halten kannst (mit konkreten Namen)
• Wo die Warnlampen blinken, und warum diese Titel riskanter sind als sie aussehen
• Wie du die Kennzahl in fünf Minuten auf dein Portfolio anwendest
• Wo die Grenzen dieser Methode liegen , und was du zusätzlich beachten solltest
Die Rule of Forty: Dein 60-Sekunden-Gesundheitscheck für Tech-Aktien
Die Rule of Forty ist eigentlich furchtbar simpel. Du nimmst zwei Zahlen aus dem letzten Quartalsbericht – Umsatzwachstum und Gewinnmarge – und addierst sie. Fertig.
Umsatzwachstum (%) + Gewinnmarge (%) = Rule of 40 Score
Liegt das Ergebnis über 40, ist das Unternehmen finanziell robust. Liegt es darunter, wird es anfälliger für Marktturbulenzen, steigende Zinsen oder nachlassende Wachstumsfantasie.
Warum funktioniert das? Weil die Kennzahl dir zeigt, ob ein Unternehmen nur durch aggressives Wachstum getrieben wird (was teuer ist und nicht ewig funktioniert) oder ob es bereits profitabel wirtschaftet. Software-Firmen mit einem Score über 40 haben bewiesen, dass sie nicht nur schnell wachsen können, sondern dabei auch Geld verdienen. Das ist genau die Balance, die langfristig funktioniert.
Du kannst das übrigens in fünf Minuten selbst machen. Öffne einfach das letzte Quartals-Update deiner Aktie, lies Wachstum und Marge ab, addiere. Schneller geht Fundamentalanalyse nicht.
Ein wichtiger Hinweis vorweg: Die Rule of Forty ist eine grobe Filterregel, kein Allheilmittel. Sie funktioniert am besten bei Software- und SaaS-Unternehmen sowie KI-getriebenen Firmen. Bei Hardware-Herstellern oder Plattform-Geschäften ist sie deutlich weniger aussagekräftig. Und selbst bei Software-Firmen können Wachstum und Margen phasenweise stark schwanken – etwa wenn ein Unternehmen bewusst in Expansion investiert oder eine Produktumstellung durchläuft.
Warum das gerade jetzt wichtig ist
Wir stecken mitten im KI-Boom. Viele Firmen wachsen zweistellig, manche sogar dreistellig. Aber längst nicht alle verdienen dabei Geld. Und genau diese Unterscheidung wird brutal wichtig, sobald der Markt wackelt oder die Zinsen nicht schnell genug fallen.
Als die Fed 2022 die Zinsen erhöht hat, wurden genau die Unternehmen abgestraft, die viel versprachen, aber wenig lieferten. Firmen mit schwachen Margen verloren 60, 70, teilweise 80 Prozent. Die profitablen Wachstumswerte? Die kamen mit blauen Augen davon – oder legten sogar zu.
Die Rule of Forty zeigt dir sofort, auf welcher Seite dieser Trennlinie deine Aktien stehen.
Die Gewinner: Starkes Wachstum trifft auf solide Profitabilität
Wenn du wissen willst, welche Unternehmen sowohl schnell wachsen als auch profitabel sind, lohnt sich der Blick auf die aktuellen Zahlen. Palantir (PLTR) führt das Feld mit einem irren Score von über 100 an – das Unternehmen wächst mit 64 Prozent und erzielt dabei eine operative Marge von rund 45 Prozent. Das ist fast schon historisch. Auch Adobe (ADBE), Cadence (CDNS), Veeva (VEEV), Autodesk (ADSK), PTC und Manhattan Associates (MANH) liegen weit über der 40er-Schwelle. Diese Werte haben bewiesen, dass ihr Geschäftsmodell funktioniert.
NVIDIA ist zwar kein reines Software-Unternehmen, aber wenn du die Kennzahl dort anwendest, kommst du auf einen Score jenseits der 110. Wachstum über 60 Prozent, Margen über 50 Prozent. Das ist kein Hype, das ist fundamentale Stärke.
Wenn du solche Werte im Depot hast, kannst du nachts ruhig schlafen. Diese Firmen werden auch dann stabil laufen, wenn der Tech-Sektor mal schwächelt.
Die gelbe Zone – Beobachten, nicht verkaufen
Dann gibt es Unternehmen wie Zscaler, Guidewire (GWRE), Five9 oder Paycom (PAYC), die knapp über oder unter der 40er-Linie liegen. Das sind oft Firmen im Übergang – sie wachsen noch ordentlich, aber die Margen sind noch nicht da, wo sie sein sollten. Oder umgekehrt: Die Margen stimmen, aber das Wachstum lässt nach.
Hier lohnt es sich, die nächsten Quartale genau zu beobachten. Entwickeln sie sich in Richtung höhere Margen oder stärkeres Wachstum, ist alles gut. Rutschen sie weiter ab, wird es kritischer.
Die Problemzone: Schwaches Wachstum, schwache Margen
Und dann gibt es Unternehmen wie CNXC, GCT, RNG, ACIW oder PCOR. Schwaches Wachstum, schwache Margen, manchmal beides. Diese Firmen wurden in der letzten Tech-Korrektur besonders hart getroffen – und das aus gutem Grund. Sie verbrennen Geld, ohne schnell genug zu wachsen, oder sie wachsen langsam, ohne profitabel zu sein.
Wenn du solche Werte im Depot hast, solltest du dir die Frage stellen: Warum halte ich sie? Gibt es eine klare Story, die erklärt, wie sie aus dieser Situation herauskommen? Falls nicht, ist das Chance-Risiko-Verhältnis schlecht. Bei steigenden Zinsen oder Marktvolatilität sind das die ersten Kandidaten, die abverkauft werden.
So wendest du die Rule of Forty auf dein Portfolio an
Nimm dir eine halbe Stunde Zeit. Öffne jede Tech- oder KI-Aktie, die du hältst. Schau dir das letzte Quartals-Update an. Addiere Umsatzwachstum und Marge.
Dann sortiere deine Positionen:
Score über 40: Starke Werte, die du beruhigt halten kannst. Bei Kursschwäche eventuell sogar aufstocken.
Score zwischen 20 und 40: Neutrale Zone. Beobachten, aber nicht panisch verkaufen. Prüfe, ob die Entwicklung in die richtige Richtung geht.
Score unter 20: Rote Flagge. Überlege, ob du wirklich an die Turnaround-Story glaubst – oder ob dein Geld woanders besser aufgehoben ist.
Ein wichtiger Punkt: In einem Umfeld mit höheren Zinsen wird Profitabilität stärker belohnt als reines Wachstum. Falls die Fed die Zinsen nicht so schnell senkt wie erhofft, werden die Firmen mit hohen Margen besser performen als die Wachstums-Story ohne Gewinne. Manche Investoren verwenden auch abgewandelte Versionen wie die "Rule of X", bei der Wachstum stärker gewichtet wird – das kann in bestimmten Marktphasen sinnvoll sein, erhöht aber auch das Risiko.
ACHTUNG: Was die Rule of Forty nicht ersetzt
Jetzt kommt der Teil, den du nicht überspringen solltest: Die Rule of Forty ist ein schneller Filter, aber sie ersetzt keine vollständige Fundamentalanalyse. Ich nutze sie gerne als ersten Schritt, um offensichtlich schwache Kandidaten auszusortieren oder starke Werte zu identifizieren. Aber danach schaue ich mir immer noch weitere Faktoren an.
Die Bilanzqualität zum Beispiel. Ein Unternehmen kann einen tollen Rule-of-40-Score haben, aber gleichzeitig mit hohen Schulden und schwachem Cashflow kämpfen. Oder es gibt massiven Konkurrenzdruck, der noch nicht in den Zahlen sichtbar ist. Oder das Geschäftsmodell steht vor einer grundlegenden Disruption.
Deshalb: Nutze die Rule of Forty als Ausgangspunkt, nicht als Endpunkt. Wenn ein Wert gut abschneidet, schau dir den freien Cashflow an, prüfe die Verschuldung, lies den Earnings Call. Und wenn ein Wert schlecht abschneidet, überlege, ob es fundamentale Gründe gibt, die eine Ausnahme rechtfertigen – etwa eine strategische Neuausrichtung oder eine temporäre Investitionsphase.
Kurzfazit
Die Rule of Forty ist keine Geheimwaffe, aber sie ist verdammt nützlich als erster Schritt. In fünf Minuten siehst du, ob deine Tech-Aktien finanziell gesund sind oder auf wackeligen Beinen stehen. NVIDIA, Palantir, Adobe – das sind Firmen mit fundamentaler Stärke. CNXC, GCT oder PCOR? Da solltest du vorsichtiger sein.
Wenn du dein Portfolio durchgehst, wirst du überrascht sein, wie klar die Unterschiede sind. Und wenn du das nächste Mal eine neue Tech-Aktie kaufen willst, check die Rule of Forty vorher – aber bitte nicht als einziges Kriterium. Kombiniere sie mit einer soliden Analyse von Cashflows, Bilanz und Wettbewerbsposition. Dann sparst du dir vielleicht den einen oder anderen schmerzhaften Verlust.
Keine Anlageberatung – alle Entscheidungen liegen in deiner Verantwortung. Diese Analyse basiert auf öffentlich verfügbaren Daten und meiner persönlichen Einschätzung.